MURER – ANATOMIE EINES PROZESSES Eröffnungsfilm der Diagonale Graz 2018


Wir freuen uns, dass der Kinospielfilm am 13. März das Diagonale Filmfestival 2018 in Graz eröffnen wird. In »Murer – Anatomie eines Prozesses« rekonstruiert Regisseur Christian Frosch den Prozess gegen Franz Murer, den sogenannten „Schlächter von Wilna“, auf der Basis von Gerichtsprokollen. Achtzehn Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs wird Franz Murer vor Gericht gestellt – und nach ungewöhnlich kurzer Prozessdauer freigesprochen. Wie konnte es dazu kommen?

Die Diagonale schreibt in ihrer Ankündigung:
„Der Eröffnungsfilm erzählt diese Verhandlung mit 73 Sprechrollen in dichten Passagen und der stets intensive Nähe erzeugenden Kamera von Frank Amann nach. In Hintergrundsequenzen und Parallelsträngen im Umfeld des Prozesses kombiniert er die Agitatoren – Täter/innen, Opfer, Zusehende – zu einem erschütternden postnazistischen Zeitbild, in dem, frei nach Hannah Arendt, Tatsachen so behandelt werden, als handle es sich um vernachlässigbare Meinungen. Erschreckend, wie gegenwärtig all dies erscheint. Regisseur Christian Frosch versteht Murer – Anatomie eines Prozesses nicht als historisierenden, sondern als politischen Film, bei dem es darum ging, das brisante Material so authentisch wie möglich „zum Sprechen“ zu bringen.“

Christian Frosch: „Österreich hat keine Seele und keinen Charakter. Österreich besteht aus Tätern, Zuschauern und Opfern. Mich interessierte beim Murer-Kriegsverbrecherprozess weniger, zum wiederholten Male die Verbrechen des NS-Regimes nachzuerzählen, sondern genau hinzusehen und zu verstehen, wie sich die vom Wesen her grundsätzlich verschiedenen Gruppen (Täter, Opfer und Zusehende) in der Republik Österreich darstell(t)en. Das Spannende ist, dass man hier sehen kann, wie das österreichische Nationalnarrativ funktioniert(e). Es basiert keineswegs auf Verdrängung. Es wurde bewusst gelogen, verschleiert, verbogen und gesteuert. Nur so konnte man Täter zu Opfern machen und die Opfer zu den eigentlich Schuldigen erklären. Diesem Prozess lag kein seelischer Defekt zugrunde, sondern Kalkül. Wir müssen uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, dass der Patient Österreich nur die Fakten in sein Bewusstsein integrieren muss, um den Heilungsprozess einzuleiten. Die Tatsachen waren und sind bekannt.“

Kinostart in Österreich: 16. März 2018